Dienstag, 29. September 2009

Aufgeben?!

Freitag, 25.09.09 Heute könne ich mir doch noch eine Packung Ausschlaf, starte erst gegen zehn und entscheide mich, aus der Stadt raus zu laufen und nicht, wie es durchaus üblich ist, den Bus zu nehmen. Und mein Gefühl gibt mir recht, es ist lange nicht so schlimm wie das in die Großstadt hineinlaufen. Mittwoch hatten wir echt einen kleinen Überzivilisations-Schock, alles war laut und hektisch. Mehr noch als die viele Bewegung und der Krach hat mich der dauernde und als äußerst penetrant empfundene Parfumgeruch durcheinander gebracht. Doch nach kurzer Eingewöhnungszeit war sie schon wieder da, diese magische Anziehungskraft der Stadt, der ich mich nach knapp zwei Wochen Wandern von Dorf zu Dorf nur schwer wieder entziehen kann. Erst recht nach einem kleinen Spaziergang gestern durch das leonesische Nachtleben.
Heute geht es also genau anders herum, die Häuser werden wieder weniger und nach einer guten Stunde bin ich auch schon in einem kleinen Vorort von Leòn. Doch es wird noch ein harter Tag heute, vielleicht der schlimmste der ganzen Tour. Mein Rücken beginnt plötzlich wieder richtig zu schmerzen, alles scheint sich zu verspannen, dazu kommt ein fieses Stechen bei jeder falschen Bewegung, vor allem die Stellung meiner Arme und dem Nacken traue ich mich kaum noch zu ändern. Die Entscheidung, aufzugeben fällt dann recht schnell. Ich werde aufgeben, und zwar meinen Rucksack. Ab morgen wird das Ding erstmal wieder geschickt, so wie bereits die Tage vor Leòn.
Doch bis zur nächsten Herberge in meinem angepeilten Zielort ist es noch eine ganze Weile. Es werden noch quälende Stunde, vor allem weil zusätzlich noch die Mittagshitze zu schaffen macht. Ich mache viele lange Pausen und komme dann ziemlich angepisst gegen 16 Uhr in Villar de Mazarife an. Dort wartet eine sehr angenehme und kaum frequentierte Herberge mit einer heißen Dusche, etwas zu Essen und Liegestühle im Garten auf mich. So schnell sieht die Welt dann doch schon wieder ein wenig besser aus. Und einen positiven Aspekt gewinne ich dem Weg dann heute doch noch ab - ich habe zum ersten Mal eine der zahlreichen Alternativrouten genommen und das hat sich wirklich gelohnt: statt an der Landstraße entlang läuft mit nur ganz wenigen anderen Pilgern durch die sich nun langsam verändernde Landschaft. Es wird wieder bergiger und grüner. Ich nähere mich Galizien. Wenn auch ab morgen wieder nur noch mit kleinem Rucksack. Venga!

Freitag, 25. September 2009

Skip the tuna - Kaviar!

Donnerstag, 24.09.09 Ausschlafen, Bummeln, mit den Lieben zuhause und dem persönlichen Physiotherapeuten :) skypen, Rückenübungen machen, die wunderschöne Altstadt photographieren, und abends mit den sympathischsten Pilgerfreunden von allen schön Essen gehen. Was will man mehr?!


Cathedrale


Schuhmacher?!

Siesta

Buenas noches, León!

Menu del peregrino

Marathon a León

Mittwoch, 23.09.09 Ein neuer Tag startet in El Burgo Ranero. Die Nacht war so lala, diese Wanzen-Geschichte lässt einen nicht so richtig los, auch wenn man eigentlich versucht, locker an die Sache ranzugehen. Auf jeden Fall wird beim Zubettgehen über jedes kleine Jucken nachgedacht. Einziges Ergebnis: Es juckt noch mehr und überall. Mitten in der Nacht entwickelt sich das zu einer richtigen kleinen Panikattacke – ich hab wohl auch irgendwie dumm davon geträumt. Dazu kommt noch eine brasilianische Schnarchmaschine mit Erkältung. Es ist durchaus überraschend, aber meine Schnarchstudien beweisen es: die meisten und lautesten Schnarcher sind…Frauen. Kein Spaß.
Der Morgen ist da, das Jucken ist nicht mehr da, ich habe keine Bisse und fühle mich gut. Also auf zu neuen Ufern. Meinen großen Rucksack habe ich 19 km voraus geschickt, das müsste heute locker drin sein. Rita, eine junge Ungarin und eine der Leute, die es erwischt hat mit den Wanzen, will den Zug nach Leòn nehmen und zum Arzt gehen. Nach 13 km jedoch schließen sie und Valentin jedoch zu mir auf. Ich sitze gerade vor einer witzigen Bar – es laufen die ganze Zeit drei Songs von Dire Straits, Beatles und Elvis in Endlosschleife – und genieße meinen Café con leche in der Morgensonne. Das Wetter ist die letzten Tage immer besser geworden, heute ist es richtig heiß, sodass zum ersten Mal die kurze Hose aus- und die beste Jacke der Welt (hiermit nochmals Dank an die Sponsoren von M&M !:-)), die wie immer tadellose Dienste geleistet hat, eingepackt wird.
Rita hat sich doch entschieden mit Valentin zu laufen, sie wollen es heute bis Leòn, der nächsten richtig großen Stadt schaffen. Respekt, bis dahin sind es noch 30 km. Ich beginne mit dem Gedanken zu spielen heute auch noch etwas weiter als die angepeilten 19 zu gehen und entscheide mich schließlich, mit Valentin und Rita zu laufen, meinen Rucksack auf dem Weg einzupacken und auch noch ein bis zwei Dörfchen weiterzugehen. Aus diesen ein bis zwei Dörfchen werden nochmal gute 20 Kilometer, wir laufen und laufen und laufen…es wird ein toller, wenn auch gegen Ende sehr harter Tag…und ich find mich schließlich um 19 Uhr in Leòn wieder! 10 Stunden gewandert, um die 42 km zurückgelegt. Verrückt. Die Belohnung: zwei Nächte im Hotel und einen ganzen Tag Pause in Leòn. So erspare ich mir auch eine weitere Nacht mit Wanzen-Übersprung-Gefahr. Nach einer kurzen Hotel-Abklapperungs-Tour – das erste war mir zu teuer, dann waren drei voll, das fünfte hab ich dann einfach genommen :-) – genieße ich erstmal eine 15-minütige Dusche. Im Sitzen. Meine Knie und Achillessehnen wollen nicht mehr so richtig. Danach falle ich auf mein genial-hartes Bett, mein Körper ist am Ende. Für einen kurzen Waschgang stehe ich dann doch nochmal auf, nachdem mir ca. 50 kleines Pusteln an meinen Füßen auffallen und anfangen zu jucken. Wuuuaaahh! Aber halb so schlimm, am restlichen Körper ist überhaupt nichts, ich tippe einfach auf einen kleinen Ausschlag durch den Schweiß in den heute lange getragenen Socken und Schuhen. Das Zimmer scheint mir wie gemacht für mich: in der Dusche gibt es eine Extra Massage-Apparatur, die Minibar mit Wasser, O-Saft und Cola ist inklusiv und sogar einen kleinen Balkon mit wunderschönem Ausblick auf die Kirche San Isodoro habe ich! Da wird dem geschlauchten Wandersmann doch schon wieder ein bißchen wohler zu Mute.


Meine zwei Zugpferde Valentin und Rita. Gracias!


León!