Montag, 21.09.09 Erster Tag ohne schweren Rucksack! Herrlich und wie vermutet nochmal ein ganz neues Gefühl! Erleichterung, Freiheit, gesteigerte Genuss machen sich breit! Dazu kommt ein leckeres Essen vom Abend davor im Magen. Zum ersten Mal und zur Feier des Sonntags habe ich mir ein Pilgermenü im Restaurant gegönnt. Die gibt es hier immer mittags und abends, man bezahlt zwischen 8-10 Euro, bekommt zwei Gänge, einen Nachtisch, Wein und Wasser. Naja, und zusammen mit der deutschen Sippe habe ich mir das gestern mal zu Gemüte geführt. Die Sippe, das ist eine Gruppe von vier Deutschen, allesamt völlig unterschiedliche Personen, die sich hier auf dem Weg kennen gelernt haben und nun mehr und auch mal weniger zusammen „im Camino-Feeling“ sind. Ich stoße hin und wieder dazu, immer auch auf Abstand bedacht, da mir diese Klüngelbildung eigentlich widerstrebt und es mir manchmal dann doch auch „zu deutsch“ wird. Das mit der Gruppenbildung machen entgegen der Vorurteile übrigens nicht nur die Deutschen, auch die Franzosen, Italiener und Spanier sind da nicht anders. Die gemeinsame Muttersprache verbindet dann doch zu stark.
Das Laufen fällt heute natürlich besonders leicht, zusammen mit meiner Lieblingsfranzösin gehe ich die ersten Stunden ihr immerzu hohes Tempo mit und genieße, nach einem besonders intensiven Sternenhimmel gestern Nacht, einen wunderschönen Sonnenaufgang.
Die wenigen Minuten, die wir uns unterhalten, sprechen wir über unsere Gründe für und die Erlebnisse mit dem Jakobsweg. Was mich seit Beginn des Laufens unglaublich beeindruckt ist, was hier mit der Zeit passiert: durch die andauernde, langsame Fortbewegung erlebt man abertausende einzelne Momente – jeder Schritt ein neuer Moment. Dadurch kommt es zu einer unglaublichen Zeitdehnung: noch nicht einmal eine Woche unterwegs, kommt es mir vor wie eine Ewigkeit und ich muss mich unglaublich anstrengen, Dinge und Situationen genau zu erinnern, die noch nicht einmal 24 Stunden her sind. Bevor wir uns beide wieder ausschließlich alleine dem Weg überlassen, schließt unser Gespräch mit einem schönen Zitat der sicher 60-jährigen französischen Madame: „Der Camino eröffnet mir die Welt als Universum, das mich mein eigenes, inneres Universum entdecken lässt.“
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